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Verlust, Tod und Trauer bei Kindern und Jugendlichen – Reaktionen und Hilfestellungen

Der Themenbereich „Verlust, Tod und Trauer“ bei Kindern und Jugendlichen ist nach wie vor ein großes Tabu. Trauer wird zumeist mit Tod und Sterben in Verbindung gebracht. Es wird wenig beachtet, dass es viele Veränderungen, Trennungen und Verluste gibt, wie etwa Übersiedlung, Schuleintritt, Krankenhausaufenthalte, Scheidung der Eltern, Jobverlust eines Elternteils und ähnliches mehr, die ebenso Trauerarbeit notwendig machen. Jorgos Canacakis definiert: „Trauer ist die gesunde, lebensnotwendige, kreative Reaktion auf Verlust- und Trennungsereignisse.“
Kinder werden gerne vertröstet, Tatsachen werden beschönigt und beschwichtigt. Jugendlichen spricht man oft Trauer ab, da sie sich im Verhalten anders als erwartet zeigen. Kinder trauern anders als Erwachsene oder Jugendliche. Drei Leitsätze sind wesentlich: „es ist, was es ist“ (Erich Fried), „die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ (Ingeborg Bachmann) und „das Totschweigen des Todes ist ein Problem der Erwachsenen und nicht der Kinder“ (Gertrude Bogyi).

Im Folgenden sollen Reaktionen von Kindern und Jugendlichen beschrieben werden, die nicht selten zu Missverständnissen führen. Immer wieder verdrängen Kinder zunächst ein Geschehen und tun so, als ob nichts wäre. Dies verführt die Erwachsenen leider dazu „mitzuspielen“ und dem Kind die Wahrheit zu verschweigen. Das Kind hat den verständlichen Wunsch, dass alles „normal“ weitergeht und verleugnet deshalb etwa die Tatsache des Todes, der Scheidung, der Krankheit. Manchmal zeigen sich Kinder auch übertrieben heiter, was bei Erwachsenen nicht selten zur Annahme führt, dass sie nicht trauern. Wut und Aggression gehören zu jedem Trauerprozess, werden aber oft nicht zugelassen und als unpassend empfunden und der Zusammenhang wird nicht erkannt. Schuldgefühle spielen ebenso eine große Rolle, wie die Angst, weiteres zu verlieren. Kinder weinen oft dann nicht, wenn es erwartet wird, sind aber bei kleinen Anlässen weinerlich und besonders empfindlich. Kinder trauern sprunghaft, punktuell.
Wichtig ist es, die Wahrheit zu sagen, sie am Geschehen, an den Ritualen, teilnehmen zu lassen, versuchen, sie in ihren Gefühlen zu verstehen, sich aber nicht aufdrängen. Vor allem ist es wichtig, eigene Gefühle anzusprechen. Jugendlichen fällt es meist schwer, ihre Gefühle zu verbalisieren. Sie kapseln sich oft ab, suchen verstärkt Ablenkung, das Autonomiebestreben verstärkt sich. Durch ihr Verhalten erfahren sie oft Ablehnung, finden kein Verständnis. Bei jedem Verlust sind Alter und Entwicklungsstufe, Persönlichkeitsstruktur des Kindes, Rolle der verlorenen Person im Gesamtleben, Art der Beziehung vor der Trennung oder dem Verlust und Reaktion bzw. Hilfestellung durch das Umfeld von Bedeutung. Obwohl Trauerwege sehr individuell sind, lassen sich doch einige gemeinsame Aspekte beschreiben.
Reaktionen und Interventionen sollen in diesem Workshop anhand von Fallbeispielen besprochen werden.

Konzentrative Bewegungstherapie (KBT) – Ein strukturierender, körper- und handlungsorientierter Ansatz zur Überwindung von Traumafolgen

In der Traumatherapie kommen wir um den Körper „nicht herum“, was sich am aktuellen Forschungsdiskurs und an Tagungstiteln abbildet.
Nach Sylvia Cserny ist „der Körper der Ort des psychischen Geschehens“.  Trauma findet immer auch am und im Körper statt. Erst durch die Zuwendung zum Körper und zur Seele können Traumatisierungen verarbeitet und integriert werden. Die KBT eignet sich dafür in besonderer Weise.

In Österreich ist die Konzentrative Bewegungstherapie als Psychotherapie anerkannt. Sie verbindet ihre eigenständige Theorie als Bewegungs-Psychotherapie mit tiefenpsychologischen/psychodynamischen, kognitiven und entwicklungspsychologischen Konzepten. Darüber hinaus dienen psychosomatische Erklärungsmodelle sowie Erkenntnisse der Neurowissenschaften der Theoriebildung.

Durch ihre strukturierte und strukturierende Herangehensweise („Vom Ich zum Du zum Wir“; „Vom Sitzen zum Stehen zum Gehen“, …), sowohl im Einzel- als auch im Gruppensetting, ermöglicht sie, Grundlegendes (immer wieder neu) für sich zu erfahren.
Körper- und handlungsbezogene Angebote laden dazu ein, eigene Muster und das „So-Geworden-Sein“ zu erfassen und zu verstehen, sowie korrigierende und adaptive Möglichkeiten für sich und mit anderen zu erforschen. Elsa Gindler spricht von „Erfahrbereit sein“ und vom „Lauschen, wo die Bewegung hinwill“.

Die KBT ermöglicht insbesonders auch traumatisierten Menschen die Förderung der Regulationsfähigkeit im geschützten Raum; sie bietet auf vielfältige Weise die Möglichkeit, der Selbst- und Objektwahrnehmung, sowie den Themen Bindung, Kontrolle/Sicherheit, Selbstwirksamkeit und Selbstwert, Schutz, Raum, Kraft und Aufrichtung, … nachzuspüren und sich durch konkretes Handeln zunehmend (wieder) handlungsfähig(er), selbstwirksam(er) und selbstbestimmt(er) zu erleben.

In diesem Workshop wollen wir anhand einiger praktischer Angebote in den Wahrnehmungs- und Erfahrungsraum eintauchen, den die KBT mit ihrem körper- und handlungsorientierten Ansatz Betroffenen bieten kann. Besondere Herausforderungen, die sich aus der Arbeit mit dieser PatientInnengruppe ergeben, werden thematisiert und diskutiert.

Begutachtung psychisch reaktiver Traumafolgen im Sozialen Entschädigungsrecht und der gesetzlichen Unfallversicherung, Gutachtenstandards der DeGPT

Häufig ist festzustellen, dass klinische Gutachter:innen in der Kausalitätsbeurteilung psychisch reaktiver Traumafolgen oft zu extrem gegensätzlichen Ergebnissen gelangen. Neben symptombedingter Behinderung der Exploration und besonderen Beziehungsaspekten, die die Objektivität der gutachterlichen Beurteilung beeinträchtigen können, sind es eine Vielzahl möglicher komorbider Störungen, die psychisch reaktive Traumafolgen überlagern und so zu Fehlbeurteilungen bei der Begutachtung führen können. Eine schädigungsunabhängige psychische Vorerkrankung macht die Beurteilung vollends schwierig.

Aus diesem Grund hat die DeGPT ein zertifiziertes Fortbildungscurriculum verabschiedet, welches psychologische und ärztliche Fachkolleg:innen in die Lage versetzen soll, klinische Gutachten zu psychisch reaktiven Traumafolgen und ihrer Genese in sozialrechtlichen Verfahren fachkompetent zu erstellen. Die von der DeGPT entwickelten Standards für die schriftliche Gutachtenerstellung sollen dabei eine ausreichend begründete und für Dritte nachvollziehbare Beurteilung garantieren, die in der Praxis nicht immer gegeben ist.

In diesem Workshop sollen die speziellen Probleme anhand von Fallbeispielen (gerne auch mitgebrachte Fälle von Teilnehmer:innen) illustriert, die Standards der DeGPT zur Gutachtenerstellung der DeGPT erläutert und auf Besonderheiten bei der gutachterlichen Exploration und Beurteilung hingewiesen werden.


http://www.degpt.de/curricula/degpt-curriculum-begutachtung.html

Literatur:
Haenel F, Denis D, Freyberger H. Die Begutachtung psychisch reaktiver Traumafolgen im Rahmen des OEG. In: Seidler GH, Freyberger HJ, Maercker A. Handbuch der Psychotraumatologie. Stuttgart 2019; S.1008-1018
Denis D, Haenel F.(Hrsg) „Begutachtung psychisch reaktiver Traumafolgen im SER; GUV und Aufenthaltsrecht“, Trauma & Gewalt – Themenheft 15.Jg., Heft 2, Mai 2021

Verfolgung, Folter und Flucht – psychische Folgen von Menschenrechtsverletzungen in der Psychotherapie

Die psychotherapeutische Arbeit mit geflüchteten Personen in Mitteleuropa wird immer wieder von politischen und sozialen Faktoren mitgeprägt – wenn auch der Kern der Arbeit gleich bleibt: durch Menschenrechtsverletzungen extrem traumatisierte Menschen brauchen sichere therapeutische Beziehungen, in denen sie mit ihrem Leiden aber auch mit ihrer Resilienz anerkannt werden.
Wie diese Beziehungen im Rahmen der aktuellen Gesetzgebung und der medialen Aufmerksamkeit gelingen können und mit welchen Problemen wir uns konfrontiert sehen, ist Inhalt dieses Workshops.

Positive Beziehungserfahrungen durch bindungsfokussierte Fallreflexionen

Unter dem Dach der sozialpädagogischen Krisenwohngruppe (KWG) Winterthur werden Kinder und Jugendliche von 4-16 Jahren, die sich in einer schweren Krise befinden, aufgenommen. Aufgrund von andauernden, meist traumatisierenden Lebensbedingungen sind sie hoch belastet und zeigen teilweise, irritierende bis zerstörerische Verhaltensweisen. Sie zu verstehen ist oft nicht einfach, es besteht die Gefahr, durch ihre Verhaltensweisen fehlgeleitet zu werden.

Positive Beziehungserfahrungen können initiiert werden, wenn ein Verständnis für die Verhaltensweisen der Kinder und Jugendlichen entwickelt und beziehungsfördernde Interaktionen geschaffen werden. Dazu haben wir ein standardisiertes Instrument entwickelt. Dieses kommt in den wöchentlich stattfindenden interdisziplinären bindungsfokussierten Fallsupervisionen zum Einsatz.

In diesem Workshop sollen Einblicke in die interdisziplinäre, traumasensible und bindungsfokussierte Arbeit gewährt und Hilfreiches, Erprobtes weitervermittelt werden.