Behandlung diverser Populationen

Behandlung diverser Populationen

Malek BajboujHS C1, Hof 2, Hörsaalzentrum

Die stratifizierte, personalisierte oder individualisierte Behandlung ist eines der am weitesten verbreiteten Versprechen der heutigen Medizin und Psychologie. Vergleichbar mit in Teilen erfolgreichen Strategien in der Onkologie, fokussieren die allermeisten Personalisierungsansätze auch in anderen Disziplinen auf der Identifikation von Mustern auf der Basis von biologischen Markern aus Bildgebung, digitaler Sensorik, Genetik oder Metabolomics.

Insbesondere in der Diagnostik und Therapie von stress- und traumabezogenen Erkrankungen sind neben diesen vielversprechenden biologisch orientierten Ansätzen die Berücksichtigung von klinischen und soziodemographischen Faktoren sowie von Umgebungsfaktoren mindestens ebenso bedeutsam. Unterschiede von Individuen bestehen nicht nur in funktionellen oder strukturellen Bildgebungsbefunden, sondern viel häufiger in klinischen Phänotypen, individuellen Persönlichkeitsmerkmalen und unterschiedlichen Arten von erlebten Stressoren oder Traumata. Eine profunde Kenntnis über diese individuellen Faktoren stellt die Grundlage für klinisch, soziodemographisch und durch Umgebungsfaktoren informierte Klassifikationen diverser oder heterogener klinischer Populationen dar. Diese durch das Exposom, kulturelle Umgebungen und (tiefe) Phänotypisierung informierte Klassifikation wiederum ist notwendige Basis für die dringend notwendige Individualisierung von Behandlungen von Stress und Traumafolgestörungen.

In diesem Vortrag sollen aus Erfahrungen, die in mehreren internationalen Sprechstunden an der Charité – Universitätsmedizin Berlin sowie in einer Vielzahl von humanitären Projekten im Mittleren Osten, in Fernost und in der Ukraine gewonnen wurden, Empfehlungen für spezifische Interventionen abgeleitet werden, in denen Individualisierung von Behandlungen für diverse und heterogene Populationen über die Berücksichtigung von Exposom, Kultur und Phänotypisierung geschieht. Diese umfassen unter anderem die Entwicklung von Interventionen für ukrainische Mütter in Kriegsgebieten, die Etablierung von psychotherapeutischen Interventionen mit Thematisierung von Individualisierung versus Gruppenzugehörigkeit in Vietnam oder maßgeschneiderte Psychoedukationsformate für arabisch sprechende Patientinnen und Patienten. Die diskutierten Interventionen und Behandlungen umfassen neben klassischen psychotherapeutischen Ansätzen um Einzel- und Gruppensetting auch Peer to Peer Ansätze sowie mehrere digitale Anwendungen wie Chatbots zur psychologischen ersten Hilfe, Avatar-basierte Psychoedukation sowie digitale Gesundheitsanwendungen. Schließlich wird in dem Vortrag als Strategie zur weiteren Individualisierung die Integration der Interventionen in einem übergreifenden Behandlungsmodell (stepped and collaborative care model) vorgeschlagen.

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